Amazon FBA Vorteile Nachteile Händler

Um Händlern im Arbeitsalltag unter die Arme zu greifen, bietet Amazon auch in Deutschland seit einigen Jahren den hauseigenen Versanddienst „Fulfillment by Amazon“, oder kurz FBA. Doch was kann der Dienst eigentlich und lohnt sich das für Händler?

Viele Händler und Marken, die ihre Produkte in Deutschland online verkaufen wollen, kommen um Amazon längst nicht mehr herum: Die enorme Reichweite und das hohe Ansehen bei den Kunden bieten ihnen große Chancen auf gute Geschäfte. Allerdings darf auch der Konkurrenzdruck nicht unterschätzt werden. Um im Gedränge des breiten Angebots als Verkäufer nicht unterzugehen, bedarf es wohl überlegter Strategien. Eine dieser Strategien, auf die viele Händler setzen, ist der Service „Fulfillment by Amazon“ (FBA), umgangssprachlich auch „Versand durch Amazon“.

Was kann Amazon FBA?

Die Idee hinter Amazons FBA ist schnell erklärt: Anstatt sich als Händler selbst um die Lagerung und Verwaltung der Ware sowie das Verpacken und Verschicken von Bestellungen zu kümmern, können Anbieter diese Leistungen auslagern und an Amazon übergeben. Auf diesem Weg sind sie in der Lage, sich eigene Lagerplätze und logistische Strukturen, aber auch Zeit und Arbeitskraft zu sparen und den Fokus stattdessen auf die fortwährende Optimierung ihrer Geschäfte und Verkaufszahlen zu legen.

Amazon übernimmt dabei nicht nur die Lagerung und den Versand, sondern wirbt auch mit der Abwicklung von Retouren und der Übernahme des Kundenservices. Auf der Website des Marktplatzriesen heißt es dazu: „Weltweit unterhält Amazon mehr als 175 Logistikzentren, die über mehr als 150 Millionen Quadratmeter Lagerfläche verfügen. Mit Versand durch Amazon können Sie die Waren in diesen Regalen lagern. Darüber hinaus profitieren Sie von einem erstklassigen Kundenservice und Warenrücksendungen durch Amazon sowie weiteren Vorteilen.“ Der größte Vorteil und damit der entscheidende Aspekt für Händler dürfte allerdings der Prime-Faktor sein.

Prime – schnelle Lieferung überzeugt Kunden

Wer FBA nutzt und seine Waren über Amazon lagern und abwickeln lässt, versetzt seine Produkte sozusagen in den Prime-Status: Das heißt, alle Produkte, die Amazon selbst versendet, werden auf dem Online-Marktplatz mit einem deutlich sichtbaren Prime-Hinweis versehen. So können Kunden auf den ersten Blick erkennen, dass diese Produkte von den hohen Amazon-Standards profitieren und einerseits zeitnah verschickt sowie andererseits für Prime-Kunden ohne zusätzliche Versandkosten angeboten werden.

Gerade durch den raschen Versand werden die entsprechenden Prime-Produkte gegenüber Nicht-Prime-Produkten für viele Kunden deutlich attraktiver und dadurch häufiger gekauft. Ganz grundsätzlich zeigt sich die Relevanz des Prime-Faktors auch an der rapide gestiegenen Zahl der Prime-Mitglieder: In seinem jährlichen Brief an die Aktionäre teilte der erst kürzlich abgetretene Amazon-Chef Jeff Bezos mit, dass der Konzern mittlerweile auf einen Stamm aus mehr als 200 Millionen zahlender Prime-Mitglieder schauen kann. Vor drei Jahren lag der Wert noch bei 100 Millionen.

In der Vergangenheit verdeutlichten Studien zudem, wie wertvoll die Prime-Kunden für Amazon und die Händler des Online-Marktplatzes sind: Denn sie sollen mehr Zeit auf der Plattform verbringen und dabei nicht nur deutlich häufiger kaufen, sondern ihre Shopping-Touren auch mit höheren Warenkörben abschließen. Online-Händler haben also allen Grund, danach zu streben, die eigenen Produkte mit dem Prime-Logo versehen zu lassen.

FBA hilft Händlern bei der Internationalisierung

Ein weiterer Aspekt, mit dem Amazon für seinen Fulfillment-Dienst wirbt, ist die vergleichsweise einfache Expansion in neue Märkte. Als kleiner oder mittelständischer Händler ist es für viele Unternehmen ein enormer Aufwand und großer Kostenfaktor, die eigenen Geschäfte zu internationalisieren. Amazon hingegen will die Hürden für seine Marktplatzanbieter senken: „Versand durch Amazon ist die ultimative Lösung, um die Identität Ihrer Marke international auf- und auszubauen“, heißt es dazu auf der Website.

Grundsätzlich stellt Amazon Händlern zwei verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, ihre Produkte auch im Ausland zu verkaufen: erstens mithilfe des Europäischen Versandnetzwerks (EFN) und zweitens mithilfe des paneuropäischen Versands durch Amazon.

  • Europäisches Versandnetzwerk: Hierbei lagert Amazon die Produkte der Händler ausschließlich in einem Land und versendet sie dann von dort aus entweder in das Land vor Ort oder ins Ausland. Während die Produkte nach einer Bestellung besonders schnell bei lokal ansässigen Kunden ankommen, nimmt eine grenzüberschreitende Lieferung hier mehr Zeit in Anspruch. Bei dieser Variante müssen mögliche Umsatzsteuerschwellenwerte berücksichtigt werden, durch die dann bei Überschreitung u. U. auch eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer im Ausland notwendig wird.
  • Paneuropäischer Versand durch Amazon: Amazon lagert die Produkte der Händler nicht nur in einem Land, sondern verteilt diese in den Logistikzentren in ganz Europa (bzw. in den aktivierten Ländern). Die Lagerung erfolgt auf Basis der erwarteten Kundennachfrage. Diese dezentrale Lagerung ermöglicht eine schnelle Lieferung in verschiedene Länder. Allerdings ist hierbei auch für jedes Land, das als Lagerstätte fungiert, auch eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verpflichtend.

Über steuerliche Richtlinien im Ausland sollten sich Händler vor der Internationalisierung mit Amazon jedoch unbedingt informieren, denn hierbei müssen nicht selten wichtige rechtliche Vorgaben eingehalten werden, was wiederum zu einem erhöhten Aufwand führen kann. Selbiges gilt für EU Richtlinien zur Umweltcompliance (z.B. EU-Verpackungsrichtlinie und EU-WEEE-Richtlinie), die mit länderspezifischen Aufgaben für Amazon-Seller aufwarten.

Im Großen und Ganzen wartet Amazon im Zuge seines FBA-Programms also mit einer ganzen Reihe an Vorteilen auf, von denen Online-Händler profitieren können. Im Zentrum der Vorteile stehen dabei nicht nur Einsparung bei Ressourcen wie Zeit, Logistik und Personal, sondern auch eine schnelle Lieferung der Produkte sowie das Prestige durch das Amazon-Prime-Logo.

Es gibt jedoch auch Nachteile: Kosten und Identitätsprobleme

Eine der größten Hürden für kleinere Händler dürfte in puncto FBA wohl der Preis sein. Wer Fulfillment by Amazon nutzen möchte, muss einerseits die standardmäßigen Gebühren berücksichtigen, die sich aus den Lagerbestandsgebühren sowie den Versandgebühren berechnen. Diese sind jeweils individuell, weil sie sich unter anderem aus der Größe der gelagerten und versendeten Produkte errechnen.

Hinzu kommen können auch gelegentliche Gebühren, wie etwa Langzeitlagergebühren für Artikel, die länger als 365 Tage in einem Logistikzentrum lagern, Gebühren für Remissionsaufträge, Warenrücksendungen oder auch für nicht eingeplante Serviceleistungen. Solche fallen beispielsweise für Lagerware an, wenn diese nicht ordnungsgemäß vorbereitet bei Amazon eintrifft oder mangelhaft etikettiert ist.

Neben den Kosten gibt es grundsätzlich noch ein weiteres potenzielles Problem: die Werbung. Denn wenn ein Händler seine Produkte über Amazon lagern, verwalten, zusammenstellen und verschicken lässt, geht seine Identität mit Blick auf das Paket- und Auspackerlebnis des Kunden vollkommen unter. Während andere Händler bereits ihre Kartonagen oder entsprechende Materialien wie Seidenpapier branden, die Inhalte hübsch verpacken und vielleicht sogar durch persönliche Nachrichten und Goodies ergänzen, ist dies beim Versand durch Amazon nicht möglich. Kunden bekommen in diesem Fall ein Standardpaket mit Amazon-Branding, das Amazon und nicht den eigentlichen Händler in den Fokus rückt. Aus Marketing-Sicht ein absolutes Verlustgeschäft für den Verkäufer.

Händler berichten von Problemen bei der Anlieferung

Ein Problem, über das Händler immer wieder berichten, sind Schwierigkeiten bei der Anlieferung der Waren in den Amazon-Logistikzentren. Um Zwischenfälle zu vermeiden, hat der Konzern eigentlich eine Reihe strikter Vorschriften, die ganz genau erklären, wie die Waren bzw. Paletten der Händler beschaffen sein und welche Anforderungen diese erfüllen müssen. Die Richtlinien sind in den sogenannten „terms of service“ (TOS) festgehalten. Allerdings gibt es aus der Branche immer wieder Unternehmer, die berichten, dass Amazon ihre Waren nach einiger Zeit immer mal wieder abgelehnt bzw. diese zurückgeschickt habe – obwohl sie die Anforderungen nach eigenen Aussagen streng eingehalten hätten.

Daneben sollten Händler bei der Wahl für oder gegen den FBA-Service berücksichtigen, dass sie sich bei der paneuropäischen Internationalisierung beispielsweise nicht gezielt aussuchen können, in welchen einzelnen Länder sie ihre Produkte lagern wollen. Auch potenziell erhöhte Retourenquoten aufgrund von Amazons großer Kulanz müssen bedacht werden.

Für oder gegen Amazon FBA?

Wer als Händler mit dem Fulfillment-Dienst FBA liebäugelt, sollte die Vor- und Nachteile genau abwägen. Eine pauschale Empfehlung kann nicht gegeben werden, da beispielsweise auch die Preise aufgrund unterschiedlicher Produkte und Artikelgrößen deutlich schwanken können.

Nicht wenige Händler haben sich der Erfahrung nach dafür entschieden, sich langsam an den Service heranzutasten und zunächst mit einem kleineren Teil ihrer Waren bei FBA zu beginnen. Auf diese Weise sind sie in der Lage, die Potenziale von FBA für das eigene Geschäft noch besser auszuloten, um anschließend weitere Entscheidungen für oder gegen den Dienst treffen zu können.

Tipp für Online-Händler

Auf dem Marktplatz von Amazon ist der Konkurrenzdruck groß und für viele Händler ist es zunehmend schwieriger, sich aus der Masse der Angebote hervorzuheben. Neben FBA gibt es eine große Vielzahl weiterer Strategien, mit denen dies gelingen kann – angefangen bei der allgemeinen Angebotsoptimierung über SEO bis hin zu Marketing-Strategien und Maßnahmen zur Eroberung der Buybox. Auch rechtliche Fallstricke müssen Händler beachten.

„Der ultimative Amazon-Verkaufsguide“* des Händlerbundes gibt nicht nur E-Commerce-Neulingen, sondern auch erfahrenen Marktplatzanbietern einen umfassenden Überblick, wie sie ihre Angebote optimieren und ihre Umsätze ankurbeln können. Der Amazon-Verkaufsguide bietet insgesamt 60 Seiten geballtes Praxiswissen und kann als PDF-Datei auf dem HB Marketplace erworben werden.

Redakteurin OHN Tina Plewinski

Über die Autorin

Tina Plewinski ist seit 2013 für den Händlerbund tätig. Als Online-Redakteurin für die Infoportale OnlinehändlerNewsund Amazon Watchblog beschäftigt sie sich tagtäglich mit der Welt des Online-Handels, neuen Branchentrends, spannenden Services und modernen Marketing-Strategien. Ein besonderes Faible hat sie nicht nur für Kaffee und Literatur, sondern auch für den Tech-Riesen Amazon.

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